„Ich wünsche mir eine größere Sichtbarkeit der Manga- und Comicforschung“: Stephan Köhn im Comic-Steckbrief
Comic-bezogene Forschungsarbeiten müssen die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen, betont Japanologe und Manga-Experte Stephan Köhn im Interview.
Im Rahmen unserer Interviewreihe „Comic-Steckbriefe“ geben uns Comicforschende Einblicke in ihre Interessen, ihre Arbeit sowie ihre Hoffnungen und Wünsche für das Forschungsgebiet. Befragt werden sie von den Herausgeberinnen der geplanten Buchreihe „Comicstudien“, Juliane Blank. Irmela Krüger-Fürhoff und Véronique Sina.
Nach einem spannenden Austausch mit der Linguistin Janina Wildfeuer, betreten wir nun wieder einen anderen Fachbereich. Prof. Dr. Stephan Köhn, unser aktueller Interview-Partner, ist Lehrstuhlinhaber für Japanologie an der Universität zu Köln. Dort lehrt und forscht er unter anderem zur Populär- und Medienkultur der japanischen Moderne, sowie zu Nationalitäts- und Identitätsdiskursen in Japan. Entsprechend gilt sein besonderes Interesse innerhalb der Comicforschung auch dem japanischen Manga.
Was war der letzte Comic, den Du gelesen hast (aus Spaß oder aus Forschungsgründen)?
Stephan Köhn: Der letzte Manga, den ich gelesen habe war „Das Mädchen, das verschwindet“ (Kieyuku shôjo) von Shirato Sanpei aus dem 1959. Ein – zugegebenermaßen – eher etwas „düster“ anmutender Manga (besser gesagt: gekiga), in dessen Zentrum eine junge Frau steht, die den Abwurf der Atombombe auf Hiroshima als Kind überlebt hat und symbolisch für die zahlreichen Schicksale der Überlebenden (hibakusha) in Japan steht. Auch bei diesem Manga verschwimmen – wie so oft – die Grenzen zwischen Manga-Lesen aus Forschungsgründen und Manga-Lesen aus Spaß am Medium.
Was interessiert Dich generell an Comics?
SK: Am Manga interessieren mich vor allem Fragen der Produktion, der Rezeption, der Geschichte und, last but not least, der narrativen Konzeption, d.h. der verschiedenen Arten der Verwebung von Text und Bild zu einer integralen Erzählform.
Für unsere neue Reihe „Comicstudien” suchen wir nach interessanten Manuskripten aus dem Bereich der Comicforschung! Erfahren Sie mehr in unserem Call for Manuscripts.
Was wünschst Du Dir für die (Zukunft der) Comicforschung?
SK: Für die künftige Manga- und Comicforschung wünsche ich mir zum einen eine größere Zusammenarbeit unter den einzelnen Fachkolleg_innen, zum anderen eine größere Sichtbarkeit in den unterschiedlichen institutionellen Rahmen durch die nachhaltige Bildung von Forschernetzwerken oder Lehrkooperationen.
Was macht für Dich die Reihe „Comicstudien“ aus?
SK: Die Reihe Comicstudien erachte ich als eine ganz zentrale Publikationsplattform, um Manga- und Comicforschung in einer auf Qualitätssicherung bedachten Reihe thematisch zu bündeln und dadurch für die akademische Welt sichtbar zu machen. Nicht selten verlieren sich vor allem einschlägige Nachwuchsarbeiten in den von den jeweiligen Doktormüttern oder -vätern herausgegebenen Reihen, ohne für ein manga- oder comic-interessiertes Fachpublikum dadurch sichtbar zu sein. In diesem Sinne bietet die Reihe ein einmaliges Podium der fachspezifischen Präsentation und transdisziplinären Vernetzung von Forscher_innen.
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